Die Geschichte des Labors
Der Ordinarius am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln, Hermann Schwabedissen (1911-1996; Ordinariat 1957-1976), gründete alle drei naturwissenschaftlichen Laboratorien des Instituts. So wurde 1967 auch das Labor für Dendrochronologie von ihm ins Leben gerufen. Für den Aufbau des Labors konnte er auf Empfehlung des Botanikers und Dendrochronologen Bruno Huber (1899-1969), seinerzeit Ordinarius für Anatomie, Physiologie und Pathologie der Pflanzen an der Ludwig-Maximilians Universität München, einen Pionier der Dendrochronologie, den Trierer Oberstudienrat Ernst Hollstein (1918-1988), gewinnen.
Ernst Hollstein war von 1968 bis 1970 für 18 Monate im Rahmen einer von der DFG finanzierten Stelle in Köln tätig. Eine Verstetigung seiner Anstellung in Köln gelang aber nicht. Danach wechselte er an das neu gegründete dendrochronologische Forschungslabor des Rheinischen Landesmuseums Trier, das er bis 1983 leitete.
Bis zum Ende des Jahres 1971 war das neu eingerichtete Labor am Kölner Institut für Ur- und Frühgeschichte ohne Leitung.
1972 wurde die Stelle mit dem an der Universität Hamburg diplomierten Holzwirt Burghart Schmidt besetzt, der 1977 über „Dendroklimatologische Untersuchungen an Eichen nordwestdeutscher Standorte" an der Universität Hamburg zum Dr. rer. nat. promovierte.
1974 wurde in Wiesbaden während des Symposiums "Die Dendrochronologie des Postglazials, Grundlagen und Ergebnisse" eine Zusammenarbeit zwischen den Dendrochronologen verabredet, die sich vorrangig mit dem Aufbau älterer Chronologien des Postglazials beschäftigen. In dieser Pionierzeit der Dendrochronologie kooperierte das Kölner Labor besonders mit den Dendro-Laboren der Queen's University, in Belfast/Nordirland (Mike G.L. Baillie) und der Universität Hohenheim bei Stuttgart (Bernd Becker). Der Schwerpunkt der dendrochronologischen Forschung lag seinerzeit auf dem Ausbau der absoluten Eichenchronologie für Westeuropa, an dem auch im Kölner Labor unter Dr. Burghart Schmidt intensiv gearbeitet wurde. Diese Kooperation führte zu einem Eichen-Jahrringkalender für Westeuropa, der bis 7.237 v. Chr. zurück reicht.
In den späten 1990er Jahren entwickelte Dr. Burghart Schmidt mit dem Kölner Physiker Prof. Dr. Wolfgang Gruhle ein Verfahren zur Berechnung der von ihnen so genannten Wuchshomogenität von Bäumen. Die Ergebnisse dieser Berechnungen sind Grundlage ihrer dendroklimatologischen Untersuchungen, die sie in Bezug zu archäologischen und historischen Ereignissen setzen.
Dr. Burghart Schmidt leitete das Labor bis August 2008, zuerst unterstützt von der technischen Assistentin Heimgard Grützmacher, der 1984 Elisabeth Höfs, geb. Thomalla, folgte.
Sein Nachfolger war der Ur- und Frühgeschichtler Dr. Thomas Frank, dessen Arbeitsschwerpunkte zuvor auf Landschaftsarchäologie, Datenbanken und Geographischen Informationssystemen lagen. Mit dieser Neubesetzung erfolgten formale und strukturelle Veränderungen des Kölner Labors.
- Zum einen wurde das Labor umbenannt in „Labor für Dendroarchäologie“ um den archäologischen Bezug zu betonen.
- Zum anderen wurde das 2004 gegründete „Archäologische Zentrum für umwelt- und kulturgeschichtliche Geoinformation NRW“ (AZG) eingebunden, das u. a. die Untersuchung dendrochronologischer Daten mit GIS-Methoden entwickelt.
Beide Einrichtungen wurden bis Ende 2020 in Personalunion von Thomas Frank geführt. Die technische Assistenz lag in den Händen von Elisabeth Höfs (-09/2015), Kathleen Loftus BA (10/2015-10/2018), Barbara Diethelm M.A. (11/2018-05/2019) und Julia Weidemüller M.A. (06/2019-11/2020).
Seit März 2021 führt der Ur- und Frühgeschichtler und Dendrochronologe Dr. Thorsten Westphal das Labor.
Literatur:
Frenzel, Burkhard, Dendrochronologie und postglaziale Klimaschwankungen in Europa. Verhandlungen des Symposiums über die Dendrochronologie des Postglazials, Grundlagen und Ergebnisse, 13. bis 16. Juni 1974. Wiesbaden 1977 (= Erdwissenschaftliche Forschung 13).
Neyses, Mechthild, Ernst Hollstein, Zum Tode des bedeutenden Dendrochronologen. Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 20, 1988, 3-8.
Rump, Hans Hermann, Bruno Huber (1899-1969) - Botaniker und Dendrochronologe. Forstwissenschaftliche Beiträge Tharandt 32, 2011.
Schmidt, Burghart, Ein dendrochronologischer Befund zum Bau der Stadtmauer der Colonia Ulpia Traina. Bonner Jahrbücher 187, 1987, 497-503.
Schmidt, Burghart, Gruhle, Wolfgang, Globales Auftreten ähnlicher Wuchsmuster von Bäumen - Homogenitätsanalyse als neues Verfahren für die Dendrochronologie und Klimaforschung. Mit einem archäologischen Kommentar von Thomas Fischer. Germania 84, 2006, 431–465.
Schwabedissen, Hermann, Die Ur- und Frühgeschichte an der Universität zu Köln. Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 9, 1967/68, 191-194.